Nimmermehr saß oben im
Gebälk des alten
Turmes und betrachtete wie so oft
seine
geschäftige Herrin. Seit dem Verschwinden
der
kleinen Dienerin, hatte der Rabe die
junge Frau nicht mehr
so emsig gesehen.
Doch seit das nette Dienstmädchen fehlte,
war seine
Herrin mit der Hausarbeit ein
wenig im Rückstand und auch
sonst schien
es mit der Arbeit nicht sehr gut
voranzugehen.
Die ganze Behausung sah erbärmlich aus
und in den Postkisten stapelten sich
Informationen von
Denunzianten, Spionen
und Informanten.
Es war höchste Zeit. Die junge Frau musste
selbst Hand
an legen und diverse Arbeiten
erledigen. Nun ja, sooo
schwer konnte das
bisschen Setzen und Drucken ja nicht
sein.
Nimmermehr sah seiner Herrin interessiert
zu wie
sie sich anschickte in aller Eile
eine neue
Zeitungsausgabe zu fertigen.
Das Schimpfen und Fluchen aus dem Erdgeschoss
war
nichts besonderes aber die dazwischen
liegenden
Schmerzenslaute beunruhigten ihn.
Der Rabe flog etwas näher
heran um besser
beobachten zu können.
Seine Herrin war gerade dabei unter Wimmern
und Jammern
die linke Hand aus der Buchpresse
zu ziehen, während sie
feststellen mußte, dass
das "i" in der Titelzeile wohl
doch der kleine
Finger ihrer linken Hand war.
Mit schmerzverzerrtem Gesicht trat sie einen
Schritt
zurück, landete unglücklicherweise mit
dem rechten Fuß in
dem vergessenen Putzeimer,
stolperte, suchte verzweifelt
an der großen
Kiste nach Halt als der schwere Deckel zuviel
und ihr die Finger der rechten Hand blau schlug.
Mit einem hysterischen Aufschrei riss sie
sich
reflexartig nach hinten los und trat auf den
am
Boden liegenden Heurechen. Der Schlag auf
dem
Hinterkopf war so stark, dass sich der Schritt
nach
vorn nicht mehr vermeiden lies. Mit einem
spagatähnlichem
Ausfallschritt wich sie geschickt
dem Stück Seife aus um
mit aller Kraft in den
Nagel des zerbrochenen Dielenbrettes
zu treten.
Der Schrei war markerschütternd! Nimmermehr
sträubten
sich alle Federn als er die arme
Frau heulend auf einem
Bein durchs Zimmer
humpeln sah. Würde sie das Hindernis
erkennen?
Der Rabe überlegte ob er seine Herrin warnen
sollte. Doch die Neugier des Vogels gewann die
Oberhand und so sah er interessiert zu wie das
Stück
Seife doch noch zu seinem Recht kam und
seine Gebieterin
mit einem gekonnten Salto
Mortale Kopf voran ins Fass mit
Druckerschwärze
plumpste. Das war mehr als er erwartet
hatte.
Nimmermehr war versucht Beifall zu klatschen,
allein es
fehlten ihm dazu die Hände.
Würde seine Herrin in
Druckerschwärze ertrinken?
Mit der sachlichen Ruhe eines
Historikers
verfolgte der Rabe weiter das Geschehen...
Zuerst strampelten zwei Beine in der Luft,
dann
rappelte sich das "Fass" auf und rannte
schnurstracks gegen
die schwere Turmtüre.
Das Fass zerbröselte und das
schwarze "Etwas"
welches seiner Herrin ähnlich sah, saß
luftschnappend auf dem Allerwertesten.
Nimmermehr wurde nervös, der Oberkörper und
vor allem
der Kopf der Frau waren pechschwarz.
Das war schlecht, den
nun konnte er die rote
Signalfarbe nicht ausmachen welche
immer
einem Wutanfall seiner Herrin
vorausging.
Überhaupt lies sich so angeschwärzt
schwerlich
der Gemütsausdruck bestimmen.
Nimmermehr
beschloss sich dezent zurückzuziehen.
Der Rabe schüttelte
sich kurz und flog durch das
zerbrochene Turmfenster hinaus
in die Nacht.
Die bedauernswerte Frau blieb allein im Turm
zurück.
"So ein komplizierter
Schwachsinn!", hauchte sie
völlig
erschöpft, "Ich werde bei Gelegenheit
einen
Buchdruck-Zauber erfinden müssen, dieser sinnlose
mechanische Apparillo ist völlig unbedienbar!"
Da viel ihr Blick zufällig
auf ihr frischgedrucktes Werk:
"Na
bitte, geht doch!" rief sie aus und
betrachtete
stolz das mit schwarzen Flecken übersäte
Titelblatt.
D!e *Klecks* schwarze
*Klecks* *Klecks* Gazette
*Klecks*
Nieder mit Mercutio!
Es lebe die
Republik!
*Klecks*
war noch sauber zu lesen. Der Rest des
Textes
war unleserlich. "Egal!", sprach sie
trotzig,
"Das Wichtigste ist zu
lesen!"